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„Die Hells-Angels-Wiesmoor-Connection“

publiziert in der Ostfriesen-Zeitung am 8. April 2022

Daniel Noglik (Reporter, Ostfriesen-Zeitung)

Wiesmoor, die zweitkleinste Stadt in Ostfriesland. Hier könnte er noch gedeihen, der klischeehafte Lokaljournalismus vom Kaninchenzüchterverein, der nicht aus den Köpfen der urbanen Eliten zu tilgen ist.

In diesem Milieu deckt Lokalreporter Daniel Noglik für die Ostfriesen-Zeitung ein mehr als zweifelhaftes Firmengeflecht auf, das ihn bis in Bremer Bordellkreise führen wird. Der Lokalreporter beweist: Um kriminellen Clan-Strukturen auf die Spur zu kommen, muss man nicht in Neu-Kölln suchen, braucht es keine mehrköpfigen Rechercheteams. Hartnäckigkeit, eine Portion Unerschrockenheit, vertrauensvolle Kanäle zu den Ermittlern und eine Redaktion, die dem jungen Kollegen für seine Langfrist-Recherche gelegentlich den Rücken freihält, reichen für eine exzellente Recherche aus.

Am Beginn dieser Recherche steht eine Polizeimeldung. Die Kripo in Ostfriesland ist einem Betrug mit Corona-Tests auf die Schliche gekommen. Drahtzieherin des Millionenbetrugs soll eine Studentin sein. Am Anfang aber steht vor allem der Zweifel von Daniel Noglik, dass allein die junge Frau hinter diesem systematisch aufgezogenen Betrug steht. Der Lokalreporter stößt Schritt für Schritt auf ein zunächst undurchschaubares Firmenkonstrukt, in dem ein zweifelhafter Geschäftsmann aus Wiesmoor die Fäden zieht. Neben dem lukrativen Testbetrug – null Aufwand, hoher Ertrag – stellt sich ein Bremer Bordell als weitere Geldquelle heraus. Dönerbuden, Shisha-Bars, und Friseursalons entpuppen sich als klassische Geldwaschanlagen. Und natürlich – wie könnte es in Norddeutschland anders sein – sind  in die schmutzigen Geschäfte auch die Hells Angels verwickelt.

Daniel Noglik deckt mit der Zeit ein Firmengeflecht auf, das in seiner Verschachtelung dem Wirecard-Konstrukt kaum nachsteht und CumEx-Geschäfte als Taschenspielertricks erscheinen lassen könnte. Er entwirrt am Ende das System aus Briefkastenfirmen, und Strohfrau und Strohmännern mit einer Grafik, die die Mediengestalter  der Ostfriesen-Zeitung an die Grenzen ihres Könnens gebracht haben muss.

Daniel Noglik beweist nicht nur, dass organisiertes Verbrechen auch die Provinz durchdringt. Er beweist vor allem, dass die kleinste Lokalredaktion investigativen Journalismus leisten kann, wenn sie ihn sich leistet. Wenn sie den aufklärerischen Hunger misstrauischer Journalistinnen und Journalisten fördert und nicht erstickt.

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